Es gibt viele Möglichkeiten die Texte von David Deida misszuverstehen. In den Themen Mann & Frau und Sexualität liegen so viele Minenfelder.
Alle Ratgeber erwecken leicht den Eindruck neue Normen aufstellen zu wollen. Zusätzlich bringt David Deida die US-amerikanische Prediger-Kultur mit im Gepäck. Wenn Deidas Texte oder Ideen nichts mit dir zu tun haben – völlig OK. Wenn sie aber etwas wecken, was in dir schlummerte, dann ist es dein Herz, was sich meldet. Bitte glaube niemandem, außer deinem Herzen.
Nachstehend einige häufige Missverständnisse:
Auf den ersten Blick hört sich das vielleicht so an: Männer sollen wieder männlicher werden, Frauen sollen gefälligst weiblich sein. Dies liegt daran, dass aus der Perspektive der zweiten Stufe, diese schon als das perfekte, neutrale Menschsein gesehen wird. Beim Übergang in die dritte Stufe kommt daher Angst auf, wieder in die erste Stufe zu rutschen. Was ist geschehen?
Die Emanzipationsbewegung der 60er und 70er Jahre hat u.a. zu einer guten und notwendigen Befreiung aus alten Rollenmustern geführt, vormals “verbotene” Berufe und Rollen für die Frau erobert; ein offener Umgang mit Sexualität wurde möglich. Oft wurden “männliche” Verhaltensformen und Maßstäbe auch von Frauen angenommen und dabei die “weiblichen” Verhaltensformen und Maßstäbe subtil abgewertet: Frauen fühlen sich oft minderwertig wenn sie ihrem Herz folgen, statt ihren Mann zu stehen.
Im Kampf gegen männliche Dominanz wurden auf der anderen Seite positive männliche Verhaltensweisen abgewertet: Ritterlichkeit, Klarheit und Zielorientierung wurden von Männern aufgegeben – teils aus Bequemlichkeit, teils um den Frauen in der neuen schönen Uni-Sex-Welt nahe zu sein.
Ein grobes Missverständnis dabei war, dass gleichwertig, gleichberechtigt und gleich nicht das Selbe ist. Jede Andeutung, dass Männer und Frauen nicht gleich sind, unterschiedliche Muster, Ängste und Bedürfnisse haben, wird mit einem Denkverbot belegt und als ein Angriff auf die Gleichwertigkeit von Mann und Frau missverstanden.
Überspitzt gesagt war die Botschaft der Frauenemanzipation: Alle Menschen sind Männer, aber ohne deren Macken. Daher sollen die Menschen in einem weiblichen Körper genauso behandelt werden wie die anderen: In mindestens 50% aller Führungspositionen gehören Frauen, allenfalls Kumpel-Partnerschaften von Mann und Frau ist möglich u.s.w. Folge war eine tiefe Verunsicherung von Frauen und Männern, wie sie sich nun “richtig” verhalten wollten. Sowohl männliche wie weibliche Anteile wurden diskreditiert und versteckt – Unterschiede zwischen Mann und Frau als eine Art Krankheit behandelt, entstanden durch die falsche Behandlung durch die Mütter. Wir können David Deida als Vorboten einer post-emanzipatorischen Ära verstehen, da er offen die sehr unterschiedlichen Energien beschreibt, die einen männlichen bzw. weiblichen Wesenskern antreiben.
Auf der dritten Stufe geht es um den – letztlich unpersönlichen – Ausdruck von göttlicher Liebe in männlicher oder weiblicher Form in der intimen Beziehung. Wenn im Beruf oder in einer Freundschaft andere Teile unseres ganzen Spektrums gefordert sind – warum nicht? Natürlich kann eine Frau mit gut entwickelten männlichen und weiblichen Seiten sensibel und zielorientiert ein Unternehmen führen. Will sie das abends im Bett wirklich fortführen?
In der ersten Stufe wollen wir etwas für uns. Dazu gehört ein sexuelles Abenteuer oder einen Partner an uns zu binden. Das Material von Deida kann dafür erfolgreich benutzt werden. Mit diesem Blickwinkel gelesen, erscheint Deida als ein weiterer Ratgeber zum wirksamen Durchsetzten der eigenen Interessen. Schade, es steht mehr drin.
Viele Frauen haben “Der Weg des wahren Mannes” selbst gelesen und fanden danach ihren Partner völlig unzulänglich. “Hier, lies mal – das ist was für dich” und schon ist die Frau wieder in der männlichen Rolle, die ihrem Partner sagt, wo es lang geht. Der Mann ist zwischen seinen Dramen von “es richtig machen zu wollen” und “seine Freiheit zu bewahren” eingezwängt und reagiert entsprechend genervt.
Viele Männer wünschen sich nach der Lektüre von Deidas Texten mehr Hingabe, Weichheit und Mitmachen von ihrer Partnerin. Sie sind überrascht und ärgerlich, wenn sie das nicht einsieht. Er erkennt offenbar nicht, dass die Botschaft “Du musst dich ändern” sofort bei ihr das Drama von “sich nicht geliebt fühlen” anstößt. Kein Wunder, dass sich ihre Begeisterung in Grenzen hält.
Der scheinbar leichte Weg – mein Partner soll sich ändern – erweist sich als nicht gangbar. Es bleibt also nur der beschwerlichere Weg, das eigene Denken und Handeln anzuschauen, damit es sich entwickeln kann.
Sehr tückisch diese “Arbeit an sich selbst”! Das Dilemma ist: Wer ist denn derjenige, der an sich arbeiten will? Was kann schon dabei herauskommen, wenn der Teil von mir (Richter, Antreiber, Ankläger, Über-Ich) der aus allen Macken und Mustern meines Lebens lebt, an mir herummacht oder wenn ich aus dem Grundgefühl “Ich bin nicht gut genug”, “Ich bin so allein” u.ä. an mir herumdocktere?
Entspanne dich daher: Das sehen reicht aus. Göttlicher als in diesem Augenblick wird es nicht.
In dem tiefen Sehen was wirklich geschieht, wirst du reifen, erwachsen werden und schließlich entdecken, wer du wirklich bist. Deine Dramen bleiben wahrscheinlich, doch du erkennst auch darin das unpersönliche Wirken und lehnst dich, entspannt lächelnd, zurück.
Fazit aus allen Missverständnissen: Es lohnt sich, in der Neugier des Nicht-Wissens zu bleiben. Wenn du alles Wissen locker hältst ohne das “Jetzt weiß ich Bescheid”, vermauerst Du dich nicht in Dogmen. Sprich mit Freundes des gleichen Geschlechts. Eure gemeinsamen Themen zeigen, wie unpersönlich das ganze Spiel von Mann und Frau in Wirklichkeit ist.
Ja, lieben reicht vollkommen. In Hawaii liegt schon in dem Wort „Aloha“ die tiefere Bedeutung: „Lieben heißt: glücklich sein mit …“ Und es ist möglich diese Liebe zu steigern, bis wir erkennen, dass wir die Liebe sind.
Wir können alles lieben: Unser Haustier, unsere Eltern und Kinder, unsere Arbeit und Hobbies.
Wir können mit einem Partner, einer Partnerin auf unterschiedliche Weise glücklich sein: Eine tiefe Freundschaft, in der wir uns alles erzählen, eine Fürsorge, wenn sie/er unsere Hilfe braucht und auf vielfältig andere Weise.
Und es gibt viele andere Formen zu lieben: Du kannst wie Mutter Theresa zölibatär (ohne Partnerschaft) leben und viel Liebe verschenken.
Wenn wir mit dem Partner eine leidenschaftliche Liebesbeziehung führen wollen, können wir uns mit dem was normalerweise geschieht zufrieden geben. Oder wir können es auf eine kunstvolle Meisterschaft anlegen. Deidas Hinweise sind für Menschen gedacht, die sich dieser Liebeskunst verschrieben haben, als einem der möglichen Wege um in die ekstatische Göttlichkeit des Seins in diesem Augenblick einzutauchen.
Der Weg dieser Liebeskunst führt dahin, vollkommen in das Spiel von Mann und Frau einzutauchen. Das wird üblicherweise als sexuelle Energie beschreiben. Sie beginnt vielleicht mit einem Blick, einer Berührung und kann in einer tiefen Penetration enden. Das ist dann die äußere Form, in der sich die Lebensenergie zeigt.
Deidas Empfehlung ist, nicht halbherzig in einer “normal-leidenschaftlichen Liebesbeziehung” zu leben. Sofern eine leidenschftliche Partnerschaft unsere Lebenswirklichkeit ist oder sein soll, können wir diese Energie von Yin und Yang als eine Schleuder in das göttliche Sein nutzen.
Ja, dies ist völlig normal. Ein Mann in seiner männlichen Essenz wird durch das weibliche immer angezogen und angesprochen. Es ist schön, diese Polarität genießen zu können.
Wann ist es angemessen, dieser Anziehungskraft zu folgen?
Zum Verständnis ist es wichtig zu wissen, dass maskuline Männer in Dramen von Erfolg/Freiheit/Gewinnen und feminine Frauen in Dramen von Liebe/Beziehung/sich-angenommen-fühlen verstrickt sind.
Ein oder mehrere Muster können beim Mann dahinter liegen. Wenn die Ursache erfühlt und erforscht wird, ist es möglich, aus Mustern auszubrechen und bewusste Entscheidungen zu treffen.
Folgende Muster können eine Rolle spielen:
Er ist unsicher, ob er bei Frauen erfolgreich ist, d.h. als Mann begehrt wird.
Ihm fehlt ein Teil des Spektrums der Yin oder Shaktienergie (z.B. die Hure, das Mädchen).
Er fühlt sich in seiner Freiheit eingeschränkt (z.B. durch Kontrollversuche der Frau).
Er glaubt, dass mit einer anderen Frau alles besser wird.
Er spielt Verstecken.
Es entsteht ein Teufelskreis: Sie fühlt die Beziehung bedroht und er fühlt seine Freiheit bedroht. Nähe wird immer schwieriger herzustellen.
David Deidas Werk hilft, die Antriebskräfte besser zu verstehen und die Spirale umzudrehen, d.h. jeder Partner erlernt Wege um Nähe wieder herzustellen.
Anregungen für SIE: zeige deine Gefühle nackt, roh, ungeschützt – ohne Vorwurf oder Kontrollversuche. Schrei, wenn es weh tut: „ Ich fühle mich verschlossen, weil ich nicht mehr sicher bin, dass du mich liebst.“ Verletzen sie sich nicht selbst durch Rückzug, Zurückhaltung, verständnisvoll sein, verstecken oder verstehen wollen. Du kannst darauf vertrauen: ein richtiger Mann wird dein Feedback in seine Entscheidungen einbeziehen.
Anregungen für IHN: tu nur, was für dich richtig ist – immer! Weibliche Energie wird dich immer anziehen – genieße es! Werde frei darin, deinen Impulsen nachzugehen oder nicht nachzugehen. Prüfe, was bringt dich näher an Offenheit, Liebe und Tiefe, die du in die Partnerschaft bringen willst. Was bringt dich näher in deine Kraft und an deine Mission? Ist es möglich für dich, ehrlich und klar mit der Situation umzugehen? Und dann fühle und entscheide aus der Tiefe deines Seins.
Im “Weg des wahren Mannes” spricht Deida immer wieder über das höchste Lebensziel.
Wie findet man das höchste Lebensziel?
DD sagt: Alle üblichen Ablenkungen weglassen. Du wirst über deine alltäglichen Programme der Ablenkungen überrascht sein: Was immer es für dich persönlich ist: Fernsehen, Internet, Essen, Alkohol, Zigaretten, mit Frauen spielen, seichte Gespräche, … Wenn du all das weg lässt, und dich nur auf dich einlässt. Eine Zeit schaffst nur mit Dir allein zu sein.
Nur dann wirst du mit dem Schmerz in Berührung kommen, dein Ziel nicht zu kennen. Du wirst erkennen, wie du Dir zurechtgelegt hast, warum ein Ziel gar nicht nötig ist: Alles ist ja schon gut, so wie es ist. Ziele entwickele ich gemeinsam mit meiner Partnerin….
Du wirst erkennen, wie du dich bisher davon abgehalten hat ein Ziel zu verfolgen: Vielleicht war es die Angst, es nicht zu erreichen; Angst, dass es Opfer von dir fordert; Sorge, jemand anderes könnte etwas dagegen haben; Angst, es könnte dich noch einsamer machen u.s.w.
Du wirst vielleicht erkennen, welche Schmerzen deine Partnerin hatte, wenn du nicht klar darin warst, was du willst, wenn du herumgeeiert hast.
Schließlich wirst du verstehen, warum du dich bisher davon abgelenkt hast.
Wenn dann ein dringender Wunsch auftaucht, z.B auf Toilette gehen, tust du nur das. In gleicher Weise werden sich schrittweise tiefere Lebensziele entfalten.
In einer Männergruppe im Stile von Deida geht es darum, sich gegenseitig bei diesem Prozess zu unterstützen und zu fordern siehe Deida Männergruppen-Format.
In D/AT/CH gibt es einige Anbieter die z.B unter dem Namen “Vision Quest” Seminare in indianischer Tradition insb. für Männer anbieten. Meist geht es einige Tage hungernd und einsam in die Wildnis – mit (hoffentlich) angemessener Einstimmung, Betreuung und Nachbetreuung.